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‚Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich nieder ….’ und baut ein Nest – mitten ins Grünland! In der Eider-Treene-Sorge-Niederung fliegen alljährlich tausende Zwergschwäne, Uferschnepfen und andere Wiesenvögel ein, um ihre Brut groß zu ziehen. Wie das im Einklang mit der regionalen Landwirtschaft erfolgen kann, war am 17. Juni 2011 das fachliche Schwerpunktthema der Mitgliederversammlung des Verbandes Landwirtschaftlicher Fachbildung (vlf) Schleswig-Holstein.
Die Eider-Treene-Sorge-Niederung ist aufgrund ihrer einzigartigen Natur und ihrer hohen Bedeutung für die Vogelwelt als EU-Vogelschutzgebiet gemeldet. Hier wirtschaften überwiegend Familienbetriebe mit dem Schwerpunkt Milchproduktion. Besonders die landwirtschaftlichen Grünlandflächen werden gern von Wiesenvögeln als Brutstätten gewählt mit der Folge, dass die Landwirte die Nistregionen zum Beispiel beim Wiesenschleppen weiträumig umfahren und den Grasaufwuchs beim Mähen stehen lassen müssen.
Landwirte als Partner des Naturschutzes
Der Verein Kuno e.V. (Abkürzung für ‚Kulturlandschaft nachhaltig organisieren’) ist eine von der Landesregierung geförderte lokale Aktion, mit der zentralen Aufgabe, die Grünland bewirtschaftenden Betriebe als Partner des Naturschutzes zu fördern. Als sogenannte Kulturfolger sind die Wiesenvögel auf die Bewirtschaftung der Grünlandflächen angewiesen. Das Erfolgsrezept des Vereines liegt darin, dass die Maßnahmen zum Vogelschutz an die Region angepasst sind und von Landwirtschaft und Naturschutz gemeinsam entwickelt werden. Engagierte Ehrenamtliche vor Ort fungieren als Gebietsbetreuer und treffen Bewirtschaftungsabsprachen mit den Landwirten, die für Ertragsausfall/Mehraufwand zwischen 150 – 300 Euro/ha finanzielle Ausgleichszahlungen erhalten.
Natürlich ist nicht immer alles so einfach, wie es sich im ersten Moment anhört, Ralf Clasen, Landwirt aus Meggerdorf und Vorstandsmitglied des vlf Schleswig-Flensburg, beteiligt sich aktiv am gemeinschaftlichen Wiesenschutz. In der Diskussion verdeutlichte Ralf Clasen den Zuhörern, welche Konsequenzen beispielsweise ein verspäteter Schnitt nach sich ziehen kann, wenn der Landwirt wegen eines Geleges Teile der Wiese aussparen muss. Renate Rahn, Vorsitzende von Kuno e.V, ergänzte in diesem Zusammenhang, dass die Ausgleichszahlungen, die seit den 90er Jahren gleich geblieben sind, aufgrund gestiegener Betriebskosten mittlerweile zu gering ausfallen und angepasst werden müssen.
Gebietskulisse von 6400 ha
Bei einer anschließenden Führung konnten sich die vlf’ler aus verschiedenen Regionen Schleswig-Holsteins von den Besonderheiten der Landschaft ein Bild machen. Heike Jeromin, Geschäftsführerin von Kuno e.V., erklärte, warum die Kulturlandschaft mit ihrer Offenheit für die Wiesenvögel als Brutstätte so attraktiv ist und machte anschaulich deutlich, mit welchen geografischen und biologischen Gegebenheiten sich Landwirte und Naturschützer auseinander setzen müssen.
Natürlich sind viel persönliches Engagement und Überzeugung nötig, um den Wiesenvogelbestand rund um Meggerdorf zu halten und auszubauen. Renate Rahn und Heike Jeromin bringen beides mit. Kuno e.V. beweist, wie Landwirtschaft, Naturschutz und kommunale Verbände/Institutionen gemeinsam erfolgreich an der Umsetzung der Richtlinien von Natura 2000 arbeiten können. Auch eine aktive Öffentlichkeitsarbeit trägt zum Gelingen bei. Um die Arbeit des Vereines zu verankern, werden seit mehreren Jahren beispielsweise Naturerlebnis-Exkursionen zu den Nahrungsflächen und Schlafplätzen der Zwergschwäne angeboten.
Vielfältige vlf-Verbandsaktivitäten
Öffentlichkeitsarbeit war auch eines der Themen bei der nachfolgenden Mitgliederversammlung des vlf-Landesverbandes in Süderstapel. Die Bereitschaft der Mitglieder, neue Wege zu gehen – sowohl im öffentlichen Auftritt als auch in der direkten Kommunikation – und doch der eigenen Region verbunden zu bleiben, zeichnet den Verband aus.
Auch in der Zielsetzung, durch die eigene Arbeit einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der Zukunftschancen der Landwirtschaft zu leisten und hierfür eng verbunden mit Kooperationspartnern zu agieren, zeigten sich zwischen vlf und Kuno e.V. Parallelen. Das machte der Bericht der Vorsitzenden Gertrud Richelsen-Feldhoff über die vielfältige vlf-Arbeit deutlich. Insgesamt wurden im Jahr 2010 in Schleswig-Holstein von den vlf-Ortsvereinen 227 Veranstaltungen mit 9060 Teilnehmer/inn/en durchgeführt. ‚Aus der Praxis für die Praxis’ – das ist einer der Leitsätze der vlf-Bildungsarbeit. „Wir bilden mit unseren Vereinen das Bildungsnetzwerk im Agrarbereich“, führte die Landesvorsitzende aus. Mit einem Positionspapier zur Zukunft der Fortbildung im Agrarbereich setzt sich der vlf darüber hinaus für eine nachhaltige Stärkung der agrarischen Fachschulen in Schleswig-Holstein ein.
Fazit
Ein Fazit des Tages lässt sich aus beiden Veranstaltungen ziehen: Mit ehrenamtlichem Engagement und Begeisterung kann wirklich etwas bewegt werden und aus der Kombination von persönlicher Ansprache mit Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten können sich tragfähige Netzwerke ergeben.