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Bildungsnetzwerk im Agrarbereich

vlf-Bundestagung in Schleswig-Holstein - Vertreter der Verbände Landwirtschaftlicher Fachbildung aus ganz Deutschland treffen sich im „echten“ Norden

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„Moin! Schön, dat du dor bist!“ mit diesem freundlichen Gruß der neuen vlf-Postkarte wurden die rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der vlf Bundestagung Anfang Juni in Rendsburg begrüßt. Aus dem gesamten Bundesgebiet waren Vertreter der vlf Landesverbände in den hohen Norden gereist, um an dem zweitägigen Fachseminar mit dem Titel „Landwirtschaft und Gartenbau im Spannungsfeld von Wachstumsdynamik und gesellschaftlichen Anforderungen“ teilzunehmen.

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Sturmerprobt und meerumschlungen

Am Landesabend begrüßte Cartsen Piehl, Vorsitzender des Verbandes Landwirtschaftlicher Fachbildung in Schleswig-Holstein, die zahlreichen Vertreter der vlf-Landesverbände im Conventgarten in Rendsburg. „Wir wollen unseren Blick für unseren Lebensraum in Einklang von Ökologie und Ökonomie erweitern. Das ist einer unserer Leitsätze, er hat unser Organisationsteam auch bei der Ausarbeitung des Programms dieser Tagung geleitet“ so Carsten Piehl „Wir freuen uns sehr, dass so viele Vertreter der Landesverbände unsere Einladung gefolgt sind und die Chance nutzen, das bundesweite vlf-Netzwerk auszubauen, aber auch Schleswig-Holstein besser kennen zu lernen.“

Einen ersten visuellen Eindruck des Agrarlandes Schleswig-Holstein vermittelte der Fotograf des Bauernblattes Dietrich Habbe in seinem Bildervortrag, für den er eine Vielzahl eindrucksvoller Bilder zusammengestellt hatte. Autor und Landwirt Matthias Stührwoldt, stimmte die Gäste mit seinen Geschichten auf Land und Leute ein. Auch wenn die plattdeutsche Version seiner Erzählung vereinzelt ratlose Gesichter hervorrief, lachten die Zuhörer bei Geschichten wie „Mudder im Modder“ herzliche Tränen. Carsten Piehl nutze die Veranstaltung auch, um zwei verdiente vlf-ler aus Schleswig-Holstein zu ehren: Dr. Jürgen Vollmert, ehemaliger Geschäftsführer des vlf Itzehoe-Elmshorn, und Jens Walter Bohnenkamp, bis 2013 Vorsitzender des vlf Bad Segeberg/Kaltenkirchen wurden mit dem silbernen vlf-Verbandsabzeichen ausgezeichnet.

Landwirtschaft und Gartenbau im Spannungsfeld von Wachstumsdynamik und gesellschaftlichen Anforderungen

Mit seinem Referat über die veränderten Aufgaben und Anforderungen in stark wachsenden Familienbetrieben setzte Prof. Dr. Martin Braatz von der Fachhochschule Kiel den ersten Impuls für das Bundesseminar am zweiten Tag. Nicht nur der Produktionsumfang steige, auch die Unternehmensformen würden durch Kooperationen, Dienstleistungen und Beteiligungen immer komplexer. Darüber hinaus nehme der Anteil der Betriebe zu, die Mitarbeiter beschäftigen. „Neben fachlichen Kompetenzen werden persönliche und soziale Kompetenzen immer wichtiger. Aus-, Fort- und Weiterbildung muss sich mit ihren Programmen und Angeboten anpassen“, hob der Fachhochschul-Dekan hervor. Mit Blick auf die hohe Bedeutung einer erfolgreichen Personalführung führte er aus: „Nicht informierte Mitarbeiter fällen immer die teuersten Entscheidungen.“

„Erwartungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft – Impuls oder Entwicklungsbremse?“ – diese Frage stellte Sönke Hauschild vom Bauernverband Schleswig-Holstein in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. "Glaubwürdigkeit, Transparenz, Echtheit und Ehrlichkeit sind die entscheidenden Elemente für eine erfolgreiche Kommunikation. Öffentlichkeitsarbeit ist heute so wichtig wie Produktionstechnik, Betriebswirtschaft oder Personalführung.“ Wo, wann und wie man sich die hierfür notwendigen Fähigkeiten gezielt aneignen könne, müsse noch weiter erörtert und konkretisiert werden. An einigen Hochschulen - so Teilnehmerberichte - gibt es bereits das Fach Agrarkommunikation. Auch in der Fachschulausbildung sollte dieses Thema verstärkt behandelt werden. Die anschließenden Exklusionen besuchten unter Expertenegleitung Betriebe im Norden und Süden des Bundeslandes.

Dass große Wachstumsschritte in landwirtschaftlichen Betrieben zu weitreichenden Veränderungen in der Arbeitsorganisation führen, erläuterte Detlef Horstmann der vlf-Besuchergruppe auf seinem Milchviehbetrieb in Jerrishoe. Um die Arbeitsanforderungen des 550-Kuh-Betriebes zu bewältigen, wurden die Tätigkeitsbereiche der fünf Mitarbeiter konsequent spezialisiert, feste Arbeitszeiten mit freiem Wochenende im zweiwöchigem Rhythmus eingeführt, sowie Arbeitsplatzbeschreibungen und Wochenarbeitspläne für wiederkehrende Tätigkeiten erstellt. „Weitere betriebliche Ziele sind nur mit Mitarbeiter/inn/en erreichbar“, so Horstmann. „ Dafür ist eine hohe Kontinuität in der Mitarbeiterschaft hilfreich. Wir prüfen jede Investition unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsorganisation.“ Befragt zum Anpassungsbedarf in der Fortbildung regte er an, ein spezielles Betriebsleitertraining für junge Führungskräfte zu entwickeln, das gezielt auf die komplexen Alltagsanforderungen vorbereite.
 Vorausschauende Öffentlichkeitsarbeit und eine nachhaltige Standortsicherung stand im Vordergrund des Betriebsbesuches bei Familie Hansen in Ulsnis. Hans Peter Hansen bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Ehefrau Frauke und seinem Sohn Lars einen Ferkelerzeugungs- und Schweinemastbetrieb mit Ackerbau. Ein Ferkelaufzuchtstall mit 1500 Plätzen wurde im letzten Jahr in 2 km Entfernung von dem im Dorf gelegenen Betriebsstandort errichtet. „Wir müssen als Landwirte für unsere Anliegen werben, Verständnis wecken und die Menschen dort abholen, wo sind“, betont Hans Peter Hansen. Hierfür müsse man sich Zeit nehmen – und würde auch oft durch interessante Gespräche belohnt.

Auf der gartenbaulichen Route lagen drei ganz unterschiedliche Ziele: die Baumschule Horstmann in Hohenaspe/Schenefeld, das Gartenbauzentrum der Landwirtschaftskammer und der Gartebaueinzelhandelsbetrieb „Grüne Kugel – Leskow‘s Pflanzenwelt. Lars Horstmann von der Baumschule Horstmann berichtete den Exkursionsteilnehmern, wie der Betrieb dem veränderten Verbraucherverhalten durch den Absatzweg über das Internet Rechnung getragen hat und nun zu den größten Onlineanbietern im Pflanzenbereich zählt. Er und sein Partner Lars Reese haben vor 10 Jahren den Onlinehandel aufgebaut, diesen immer wieder den Verbraucherwünsche angepasst und stetig verbessert. Mit rund 75 festen Mitarbeitern und dem Neubau eines Zweitbetriebs in Schenefeld schauen die beiden Unternehmer nun positiv in die Zukunft.
Im Gartenbauzentrum in Ellerhoop führte Dr. Andreas Wrede die Gruppe durch die aktuellen Versuche zur nachhaltigen Baumschulkultur. Besonders die Bodenmüdigkeit beim Anbau von Pflanzen aus der Familie der Rosengewächse ist in dem Baumschulgebiet ein großes Thema, da beispielsweise kaum Ausgleichsflächen zur Verfügung stehen. Hierfür wird im Gartenbauzentrum nach Lösungen gesucht.
In dem Endverkaufsbetrieb „Grüne Kugel“ in Bokholt-Hanredder wurde deutlich, dass Betriebe im Segment Direktverkauf mit guter Beratung, kreativer Warenpräsentation und Qualitätsware eine bestimmte Kundenschicht ansprechen und erfolgreich sein können. Die drei Unternehmerinnen überzeugten besonders durch ihre authentische Art und durch ihre Liebe zu den Pflanzen.

Verleihung der Theodor-Hernsen-Medaillie an Peter Harry Carstensen

Mit den Worten „Wenn man in das Land zwischen den Meeren reist, dann darf die Küste nicht fehlen!“ ergänzte Carsten Piehl die Begrüßungsrede des Bundespräsidenten Gerhard Eimer am Festabend. Der Bundesverband hatte zahlreiche vlf-ler und Ehrengäste in das Hotel Seelust direkt am Strand in Eckernförde geladen, um mit ihnen zu feiern. Ute Volquardsen vom vlf Schleswig-Holstein, führte souverän und unterhaltsam durch den Abend. Die neue Staatsekretärin des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Dr. Silke Schneider, betonte in ihrem Grußwort die Wichtigkeit der Weiterbildung im Agrarbereich und lobte das ehrenamtliche Engagement im vlf. Peter Levsen Johannsen Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer, und Werner Schwarz, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein unterstrichen in Ihren Reden die enge Verbundenheit mit dem vlf und würdigten seine Rolle in der agrarischen Weiterbildung.

Höhepunkt des Festabends war die Verleihung der Theodor-Hensen-Medaillie an Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident a.D. des Landes Schleswig-Holstein. Mit der Medaille zeichnet der Bundesverband Personen aus, die sich um die Förderung und den Erhalt der agrarischen Bildung und Qualifizierung besonders verdient gemacht haben. Der vlf-Verbandspräsident Gerhard Eimer hob in seiner Laudatio besonders die verbindende persönliche Art des ehemaligen Ministerpräsidenten hervor, der seine Wurzeln in der Landwirtschaft hat und in der Landwirtschaftsschule in Bredstedt als Fachschullehrer unterrichtete. „In seiner Zeit als Ministerpräsident waren Herrn Carstensen die Bildungs- und Qualifizierungsbelange, besonders auch junger Menschen, immer ein wichtiges Anliegen. Er zeigt stets leidenschaftliches Engagement für die Entwicklung der Land- und Agrarwirtschaft und dem ländlichen Raum.“ In seiner Dankesrede bestätigte der ehemalige Ministerpräsident seine Leidenschaft für den Agrarbereich, aber auch für vlf, in dem er noch immer Mitglied ist und betonte: „Der vlf hat schon immer Menschen gefördert, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“.

In seiner Abschlussrede dankte Gerhard Eimer seinen Wegbegleitern im vlf, aber auch den gastgebenden schleswig-holsteinischen Landesverband für die gelungene und vielseitige Veranstaltung und ergänzte mit einem Augenzwinkern: „Mehr Schleswig-Holstein geht nicht“.

Fotos: Daniela Rixen, Solveig Ohlmer, Martina Johannes

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